Entwurf einer Hafenbibliothek an den Landungsbrücken

Martino Hutz, Nico Washeim

Entwurfsverfasser: Martino Hutz, Nico Washeim
Betreuer: Prof. Klaus Sill
Hochschule: Hafen City Universität Hamburg

Als übergreifende Aufgabe wurde für das dritte und vierte Semester u.a. von den Fächern Statik, Energieoptimiertes Bauen und Baukonstruktion der Entwurf einer Hafenbibliothek mit integriertem Hotel gestellt. Die Bibliothek soll hauptsächlich eine Sammlung von Schifffahrtsliteratur umfassen und somit einen geographischen Bezug zum Hafen haben. Ein integriertes kleines Hotel soll primär wissenschaftlichen Mitarbeitern und abenteuerlustigen Touristen eine Unterkunft bieten.

Die Hafenbibliothek liegt an der Elbe in unmittelbarer Nähe zum südlichen Ausgang des alten Elbtunnels. Das Gebäude wird einem Eisberg gleichend gegenüber den Landungsbrücken leuchten und sowohl Besucher wie Hamburger auf die andere Elbseite – die Hafenseite – locken und diese erfahrbar machen. Die Bibliothek wird an dieser Stelle eine Pionierin sein; ein erstes Zeichen, um das Gebiet südlich der Norderelbe zum Leben zu erwecken, den Grundstein zu legen für eine weitere städtische Eroberung des Hafengebiets.
Die Kubatur reagiert auf die bestehenden Blickachsen und auf die Nachbarbebauung. Aufgrund des Hochwasserschutzes liegt das Gebäude auf einem Sockel, der auch die Ebene des Eingangsbereiches definiert. Dorthin gelangt man über ein sanft ansteigendes Gelände und kann dann wählen: östlich am Gebäude, entlang der Kaimauer, zum alten Aussichtspunkt zu gehen oder durch den großzügigen Eingangsbereich in die Bibliothek einzutreten oder die sich westlich anschließende Rampe weiter hinauf zum kleinen Hotel oder dem Restaurant zu schreiten, um dort den atemberaubenden Ausblick auf die Innenstadt von Hamburg zu genießen.
Den Bibliotheksbereich im Inneren, der sich vom UG bis zum 3.OG erstreckt, bestimmen Blickachsen Richtung Elbe und Hafen sowie eine klare Gliederung in öffentliche und nicht-öffentliche Bereiche. Im Erdgeschoss befinden sich 2 großzügige „Plätze“, die dem Besucher Orientierung geben und ihm die Möglichkeiten zur Nutzung der Bibliothek aufzeigen. Neben dem großzügigen Infobereich, der beim Betreten zu sehen ist, hat man einen unmittelbaren Zugang zum Auditorium und kann auch sofort das Café am Ende des großen Raumes sehen – an der Stelle des alten Aussichtspunktes. Der gesamte westliche Teil wird von der Bibliotheksverwaltung genutzt. Mit Rolltreppen wird man durch einen aufregend verspringenden Luftraum in die oberen Bibliotheksgeschosse gebracht, währenddessen bekommt man ein Gefühl für das ganze Gebäude und kann dessen Dynamik spüren. Hier befinden sich der große Freihandbereich, kleine Gruppenarbeitsräume, Räume mit besonderer Nutzung und exponierte Arbeitsplätze mit vielen unterschiedlichen Qualitäten. Es gibt Arbeitsplätze mit angenehmem Nordlicht und Blick auf die Elbe sowie an der Brüstung zum Luftraum. Ein großes Angebot von Einzeltischen besteht auf der südlichen Galerie im 3. OG mit Blick auf das Hafengebiet und den spannenden Bibliotheksraum. Dieser stellt den Bezug zum darüber liegenden Hotel durch sich an der schrägen Decke abtragende Hotelzimmer her.
Im Untergeschoss befinden sich das Magazin und die Anlieferung sowie technische Räume und andere Versorgungsräume. Erschlossen wird das gesamte Gebäude durch einen großen, mittig gelegenen Kern mit Aufzügen, Versorgungs- und Belüftungsschächten und einem Nottreppenhaus. Dadurch wird die Kompaktheit der Kubatur auch in das Innere des Gebäudes übertragen.
Das Hotel ist mit dem Eingangsbereich auf der Nordseite im 2. OG über die große Rampe oder vom Besucherparkplatz im Untergeschoss über einen Aufzug zu erreichen. Im Restaurant und der Lounge hat man durch die hohe Glasfassade freie Sicht auf die Elbe bzw. die Innenstadt. In die Hotelzimmer wird man über eine Rampe um den Kern herum geführt. Die 15 Hotelzimmer „hängen“ als einzelne Boxen unter dem Dach des Gebäudes, denen je eine gläserne überdachte Terrasse an der Fassadenseite vorgelagert ist. Durch das schräge Dach gibt es immer einen Höhenversatz zum nächsten Hotelzimmer. Deshalb gelangt man über einen Treppenweg zu den einzelnen Zimmern.
Die Hafenbibliothek wird den Hafen und die Hafenwirtschaft den Hamburgern und Hamburgs Besuchern in einem kommunikativen Gebäude neu präsentieren und erfahrbar machen können. Eine Schnittstelle zwischen Hafenwirtschaft, Wissenschaft und Tourismus entsteht an einer der exponiertesten und bis jetzt unterrepräsentiertesten Stellen im Zentrum Hamburgs.

Fassadenbedruckung
Die monolytische, polygonale Form der Bibliothek spiegelt sich auch in der Fassade wider. Die Doppelfassade besteht aus einer inneren Pfosten-Riegelkonstruktion, die als thermische Gebäudehülle dient und die eine individuelle Belüftung ermöglicht. Die vorgehängte äußere Fassade dient als Windschutz und unterstreicht den einheitlichen maßstablosen Charakter des Gebäudes von außen. Die Glas-Rauten bestehen aus leicht blau gefärbtem Glas, welches punktuell mit abstrahierten Seefahrtsrouten siebbedruckt ist.
Mindestens 10% der äußeren Hülle sind luftdurchlässig, um eine natürliche Belüftung gewährleisten zu können. Die Zuluft strömt über die zentral steuerbaren und einbruchsicheren Fensteröffnungen in der Pfosten-Riegel-Fassade ein.

Tragwerkentwurf
Das Tragwerk besteht aus einem System von Unterzügen, Stützen, tragenden Wänden, Fachwerkträgern, Abfangungen und wandartigen Trägern. Die Unterzüge werden durch Stützen oder Stahlbetonwände getragen und verlaufen mit den tragenden Wänden in Ost-West-Richtung, wogegen die Spannrichtung der massiven 35cm starken Stahlbeton-Flachdecken in Nord-Süd-Richtung verläuft. Dieses Prinzip wird durch ein Stützenraster auf alle Geschosse übertragen.
Die Auskragung über dem südlich gelegenen Eingangsbereich erfordert ein spezielles Tragwerk: Ein über bis zu drei Geschosse laufender Fachwerkträger in der Südfassade, der die nach Süden abschließenden Unterzüge aufnimmt, wird durch zwei Knaggenscheiben an der Ost- und Westseite des Gebäudes abgefangen. Die dadurch auftretenden großen Horizontalkräfte werden über einen in der Deckenebene gelegenen Zuggurt abgeleitet.
Das vierte Geschoss mit den Hotelzimmern wird durch geschosshohe Wandartige Träger getragen, die die gesamte Breite des Gebäudes überspannen.

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