Zukunftsfabrik

Zukunftsfabrik

Entwurfsverfasser: Katrina Westphal, Ing-Kerrin Ziegler
Hochschule: HafenCity Universität

Leitidee

Die Zukunftsfabrik, ergraute Türme ragen in den Himmel, identitätsstiftende Stahlbeton- kolosse erzählen die Geschichte der Insel. Buntes Treiben in der früheren Mischerei. Die gigantische Höhe des nördlichen Abschnittes bietet eine atemberaubende Atmosphäre für Events. Daneben die kleinteilige Werkstraße, mit ihren kreativen Studios. Ein kühles, leuchtendes Stahlgerüst als Kontrast zum rauen Beton, der Ausbau veränderbar und anpassungsfähig. Ein Impuls, der auf die umliegenden Gebäude ausstrahlt.

Bericht

Rüdersdorf, ein Ort im Berliner Umland, der geprägt ist durch den Kalksteinabbau. Die Priorisierung des Abbaus führte zu großen landschaftlichen Eingriffen, durch die unter anderem die historische Ortsmitte Rüdersdorf weichen musste. Erst kürzlich gab es die Bestrebungen zur Herstellung eines neuen Ortskernes. Bis heute identifizieren sich die Bewohner Rüdersdorfes mit ihrer Geschichte, die im Museumspark für Besucher erlebbar gemacht wird.

Der Museumspark offenbart einen grandiosen Blick auf das alte Betonwerk. Eine einzigartige Kulisse, dessen Zukunft unklar ist. Viele Besitzerwechsel später verfällt das Gelände mehr und mehr.

Um mögliche Gebietsentwicklungen aufzustellen, wurde ein Akteursnetzwerk aufgestellt und analysiert. Ein Telefoninterview mit einem Anwohner Rüdersdorfs und politischem Akteur, hat zusätzliche erkenntnisreiche Einblicke gegeben. Zur Ermittlung von Bedarfen und Wünschen der Anwohner wurde eine Online- Umfrage gestarte. Die Ergebnisse der Umfrage, bei der knapp 100 Anwohner teilnahmen, flossen in den Entwurfsprozess von zukünftigen Nutzungen des Industriegeländes ein.

Eine fiktive Pioniergruppe, bestehend aus 10 Kreativen startet in zwei Szenarien die Entwicklung der Kreativfabrik (ehemals Mischerei) übergehend in den Außenraum zur Zukunftsfabrik (gesamte Insel).

Die zwei Szenarien (Szenario I Abriss, Szenario II Erhaltung), die unterschiedliche Extreme im Umgang mit dem Bestand darstellen, haben eine Gemeinsamkeit: die ehemalige Mischerei bleibt erhalten und ist autark funktionsfähig. Das favorisierte Szenario II – Erhaltung, wird im Entwurf ausgearbeitet. Ausgangslage der Entwicklung ist die große, sanierungsbedürftige, klar strukturierte Mischerei. Ziel ist es den Bestand möglichst unberührt zu lassen, lediglich grob zu flicken und bewusst Neues zu addieren. Geringe finanzielle Mittel und Aneignung sind typische Eigenschaften des kreativen Ortes. Um die Kosten minimal zu halten arbeiten die

10 Pioniere im Selbstbau mit fachmännischer Unterstützung, zudem werden wieder- verwendete Materialien eingesetzt.

Die 10 Pioniere gründen den Zukunftsfabrik e.V. und mieten die Halle zu günstigen Konditionen von dem Eigentümer, der keinen Käufer findet. Die Kommune duldet die Ansiedlung der Gruppierung stillschweigend.

Kreativfabrik:

Das Gebäude besteht aus zwei strikt gerasterten Abschnitten, die sich in Höhe und Länge klar voneinander abgrenzen. Diese Zweiteilung wird auf den Entwurf übertragen. Der hohe und kurze Teil bildet den Platz, der flache und lange Teil die Straße. Der Platz als multifunktionaler Veranstaltungsraum, die Straße als Transit- und Begegnungsraum zu den kreativen Werkstätten.

Im ersten Schritt wird die Mischerei rudimentär saniert. Die Außenwand dient als Platine mit offener Leitungsführung von Wasser und Strom, um flexible Anschlüsse zu ermöglichen und geringe Ausbaukosten zu verursachen. Die Platine beinhaltet zudem die Fluchtwege, als außenliegende Treppenanlage. Als Träger für den Innenausbau wird ein Stahlgerüst eingesetzt.

Platz

Die Grundlage besteht aus einem 33m hohen Raum mit einem prägnanten Stahlbeton- Silogerüst auf der nördlichen Seite. Die Höhe des Raumes und der Flair der Halle soll für den Besucher spürbar bleiben. So wird die Mitte des Platzes als freier Raum belassen, das Bestandsgerüst als TriBü(h)ne genutzt und ein neuer filigraner Bühnenturm aus Stahl als Gegenspieler positioniert. Um die Akustik des riesigen Raumes zu verbessern, wird der neue Bühnenturm mit langen und schweren Vorhängen ausgestattet.

Straße

Das Grundgerüst im flacheren Abschnitt der Halle bildet durch die an der Außenfassade positionierten Werkstätten und Studios eine mittig verlaufende Werkstraße. Das Gerüst dient als Grundstruktur, in dem die verschiedenen Einheiten wachsen und schrumpfen können. Hierdurch sind die Einheiten sowohl für eine hohe als auch geringe Fluktuation ausgelegt. Der Ausbau der Einheiten erfolgt im Selbstbau durch die Pioniere und Kreativen, die sich der Gruppierung anschließen. Aus Gewichts- und Kostengründen, werden Materialien wie OSB, Polycarbonat, Bleche und Gitter verwendet. Für die Bekleidung der Wände hin zur Werkstraße

und Außenwand wird Polycarbonat eingesetzt, um die Studios ausreichend mit Licht zu versorgen. Teilweise ragt das Gerüst in den Außenraum hinaus und bildet Balkone aus. Die neu eingesetzten Fenster und Türen werden aus alten Bauten recycelt.

Die Höhe des Stahlgerüstes wird auf drei Geschosse begrenzt, um eine ausreichende Beleuchtung sicherzustellen. Zusätzlich wird die oberste Geschossdecke mit einem reflektierenden Materialien hergestellt.

Zukunftsfabrik:

Mit dem durch die Kreativfabrik gesetzten Impuls beginnt die Entwicklung des umliegenden Geländes. Zunächst werden die kleinen Schuppen als Werkstätten umgenutzt. Nach und nach werden auch die anderen Gebäude reaktiviert. Die Pioniere gründen eine Gesellschaft und kaufen – mit der Kreativfabrik beginnend – die Insel Schritt für Schritt dem Besitzer ab. Wer Teil der Gesellschaft sein möchte, kann Anteile erwerben. Im weiteren Verlauf gründet sich eine Baugruppe, die das Gebiet um Neubauten ergänzt.

Das Konzept der Kreativfabrik wird auf die Entwicklung der gesamten Insel, der Zukunftsfabrik adaptiert. Der östliche Teil der Insel ist geprägt durch Sonderbauten im Solitär. Der mittlere Bereich stellt eine Platzsituation dar. Der westliche Teil hingegen ist unbebaut, naturbelassen.Ein hochwertiger Baumbestand von Roteichen und Robinien ist zu finden, ein Vermoorungsprozess hat begonnen.

Baufällige und einsturzgefährdete Gebäude müssen entfernt werden. Neue Nutzungen und neue Bauten werden im Fußabdruck dieser versiegelten Flächen errichtet.

Im östlichen Teil werden Neubauten, in Form von besonderen Solitären, erbaut, die Wohnen, Arbeiten, Betreuungseinrichtung und Nahversorgung als Nutzung beinhalten. Der Werkstattplatz wird geschlossen. Insgesamt finden hier Tätigkeiten mit höherer Lautstärke statt. Der unbebaute Teil wird als Naturraum erhalten, erweitert und zugänglich gemacht. Die neuen Nutzungen im Außenraum sind aus den Bedarfen der Anwohner und Zugezogenen entstanden und bilden ein synergetisches Geflecht. Ein besonders prägendes Merkmal ist das Communal Gardening mit dem Impuls hin zur Selbstversorgung.

Die Erschließungsachsen ergeben sich aus dem Bestand. Das Quartier wird autofrei ausgebaut mit Ausnahme des Lieferverkehrs. Durch das Anschließen an das S- Bahnnetz Berlins, werden kürzere Wegeverbindungen gewährleistet.

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